08.03.2022

Interview zum Internationalen Frauentag – die Schriftstellerin Sabine Ludwig im Interview

Frau Ludwig, danke für die Zeit, die Sie trotz Ihrer ...

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Interview zum Internationalen Frauentag – die Schriftstellerin Sabine Ludwig im Interview

Frau Ludwig, danke für die Zeit, die Sie trotz Ihrer vielen Arbeit angeboten haben. Sie waren eine Schülerin am Dreilinden-Gymnasium. Sie haben Ihr Abitur in dieser Schule absolviert und sogar für ein paar Jahren als Lehrerin dort gearbeitet. Wie beschreiben Sie das Dreilinden-Gymnasium?

Als ich dort Schülerin war, stand ja noch die Mauer und die Schule lag am äußersten Rand Berlins. Bevorzugt wurden dort Lehrer hin versetzt, die an anderen Schulen nicht mehr tragbar waren. Unser Lateinlehrer bewarf uns regelmäßig mit seinem Schlüsselbund, wenn wir eine falsche Vokabel sagten, der Physiklehrer hatte eine Schülerin geschwängert … ich könnte hier noch viel aufzählen, lasse es aber lieber.

Wir mussten aufstehen, wenn das Lehrpersonal in die Klasse kam, die Schulordnung war viele Seiten lang. Aber der eigentliche Herrscher an der Dreilinden war der Hausmeister, der im Direktorenhaus wohnte und mit seinem Hund Streife ging.

1981 war ich für ein Jahr als Deutsch- und Französischlehrerin an der Schule und da hatte sich dann schon einiges geändert. Der Ton war lockerer geworden, es gab viele neue junge Lehrerinnen und Lehrer, was der Atmosphäre sehr gut tat. Die „Jungen“ trafen sich im Raucher-Lehrerzimmer. Da bin ich auch immer hin, obwohl ich nicht rauchte, aber ich wollte auf keinen Fall mit meinen ehemaligen LehrerInnen alten Lehrerzimmer zusammentreffen.

Das Dreilinden-Gymnasium ist heute eine multikulturelle Schule am Wannsee. Jedoch hat die Schule einen speziellen geschichtlichen Hintergrund (in der nationalsozialistischen Zeit). Was wissen Sie über diesen geschichtlichen Hintergrund?

Ich weiß, dass die Schule ursprünglich als Sportgymnasium geplant war, das verdeutlichen ja auch die  Sandsteinreliefs mit den sich sportlich betätigenden Knaben an der Fassade.

Als ich 1967 aufs Gymnasium kam (ich war vorher schon auf der Grundschule im gleichen Gebäude), gab es noch Lehrer, die auch in der Nazizeit dort unterrichtet haben und deren Gesinnung sich nicht geändert hatte. Ein Sportlehrer ließ die Jungs morgens paramitlitärische Übungen abhalten. Sie mussten über den geschotterten Schulhof robben. Meine Sportlehrerin war ebenfalls der absolute Horror.

In der letzten Jahren hat unsere Schule ihre Offenheit gegenüber Menschen unterschiedlicher Kulturen gezeigt. Das hat 2015 während der Flüchtlingskrise angefangen, wo die Schülerinnen verschiedener Nationalitäten in die Willkommensklassen aufgenommen wurden und wurde dann 2021 durch die Einführung der SESB-Klasse (Staatliche Europa-Schule Berlin) weitergeführt. Was halten Sie von diesen Fortschritten?

Ich finde das großartig! Zu meiner Zeit stand im Klassenbuch noch der Beruf des Vaters (ob die Mutter berufstätig war, interessierte nicht), und der Vater eines Mitschülers war „nur“ Uhrmacher, also kein Akademiker. Den hat dann meine Deutschlehrerin mit dem Verweis darauf, dass so jemand nicht aufs Gymnasium gehört, mit einer Sechs von der Schule vertrieben. Wie schön, dass jetzt niemand mehr nach Herkunft etc. beurteilt wird.

Sie sind eine berühmte Autorin und verfassen seit Jahren Kinder- und Jugendbücher. Mich würde es interessieren zu wissen, wann Sie ihr Leidenschaft zum Schreiben entdeckt haben?

Von Leidenschaft kann nicht die Rede sein. Für mich ist Schreiben Schwerstarbeit. Und ich hab auch nie freiwillig geschrieben, nur wenn es sein musste. Und es musste sein, denn nach meiner Zeit als Lehrerin an der Dreilinden war klar: Mit meinen Fächern hatte ich keine Chance. Es wurde einfach niemand eingestellt. Ich hab dann alles mögliche gemacht und irgendwann landete ich beim damaligen Sender Freies Berlin. Und da fragte man mich, ob ich nicht Lust hätte, Geschichten für Kinder fürs Radio zu schreiben. So fing es an.

Sie schreiben für eine bestimmte Altersgruppe (Kinder und Jugendliche). Was sind die wichtigsten Prinzipien, die Sie den Leser:innen in Ihren Büchern unbedingt zu vermitteln möchten?

Ich möchte meinen LeserInnen vermitteln, dass sie nicht ohnmächtig der Übermacht der Erwachsenen ausgeliefert sind. Dass es immer Möglichkeiten der Selbstermächtigung gibt, auch wenn man klein ist. Und dass dabei, Freundschaft und Solidarität eine wichtige Rolle spielt. Meine Geschichten haben oft einen ernsten Hintergrund, sind aber immer auch zum Lachen.

Wir sind kurz vor dem Frauentag; ein besonders wichtiger Anlass meiner Meinung nach. Für Sie Frau Ludwig – als eine Frau, die sich bemüht hat, um sich einen Namen zu machen –  haben Sie sich irgendwann als Frau benachteiligt gefühlt?

Ja, sehr oft sogar. Ich habe in Berlin in diversen Kulturinstitutionen gearbeitet und dass man da vom Chef in den Hintern gekniffen wurde, war noch das Harmloseste. Ich bin froh, dass die Gesellschaft für diese Form des Alltagssexismus inzwischen sensibilisiert ist. 

Von einer absoluten Gleichberechtigung kann man leider – auch in Deutschland – nicht sprechen. Nach Ihrer Meinung, wofür müssen die Frauen in Deutschland noch am wichtigsten kämpfen? 

Dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, steht auf dem Papier. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass eine neue Generation Frauen (ich habe eine 28jährige Tochter) weiter daran arbeitet, dass es eines Tages auch Realität wird.

Eine Frage, die mich sehr interessiert; viele Frauen hatten in der Geschichte führende Rollen wie z.B. Hatschepsut oder Kleopatra. Zenobia, die Königin von Tadmur, hat einen Krieg gegen die Römer geführt und diesen sogar gewonnen. Was hat nach Ihrer Meinung dazu geführt, dass sich durch die Geschichte ein Gefälle zwischen Mann und Frau bildete? 

Ich glaube, da müsstest du schon eine Historikerin oder einen Historiker fragen, darüber könnte man sicher eine Doktorarbeit schreiben.

Wie wir schon besprochen haben, war dieses Interview für den Frauentag gedacht, doch der über die Ukraine hereingebrochene Krieg ist jetzt ein fester Teil unseres Alltags. Wie fühlen Sie sich? 

Sehr schlecht. Ich bin ja mit den Erlebnissen meiner Mutter aufgewachsen, die den ganzen Krieg über in Berlin war und Grauenvolles erleben musste. Das kommt jetzt alles bei mir hoch. Dann der Mauerbau 1961, da war ich gerade in der ersten Klasse. Überhaupt war die ganze Zeit des Kalten Krieges in Berlin alles andere als lustig. Ganz schlimm fand ich auch die Stationierung der Pershing-Raketen in Deutschland Anfang der 1980er Jahre. Nicht zu vergessen 1986 die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, das war auch sehr traumatisch. Als ich nun hörte, dass dort der Reaktor brennt, bekam ich große Angst. Am allerschlimmsten ist jedoch erleben zu müssen, wie Menschen unmittelbar vor unserer Tür getötet, wie ihre Heimat in Grund und Boden gebombt wird und so unendlich Viele ihr sicher geglaubtes Zuhause verlieren.

Könnten Sie bitte ein paar Worte an unsere Schülerschaft und Lehrerschaft richten, die ihnen den Umgang mit dieser Situation vereinfachen? 

Diese Worte hätte ich in diesen Tagen auch selbst sehr nötig. Ich kann nur raten, Nachrichten höchstens einmal am Tag zu lesen, sehen oder zu hören, sonst wird man irre. Und zu schauen, wie man mit seinen Mitteln jetzt helfen kann. Nicht alle von euch sind in der Lage, eine geflüchtete Familie aufzunehmen, aber vielleicht weiß man von Geflüchteten in der Nachbarschaft und könnte mit den Kindern auf den Spielplatz gehen, sie ein wenig ablenken. Ich denke, da gibt es einige Möglichkeiten. Vielleicht bekommt eure Schule ja auch eine Willkommensklasse, da wird sicher Unterstützung gebraucht. Und ganz wichtig: Vergesst eure Träume, eure Lebensfreude nicht! Habt kein schlechtes Gewissen, wenn ihr euch mit Freunden und Freundinnen trefft und Spaß habt. Es hilft niemandem, wenn wir nun alle in Depression versinken.

Was mich jetzt tröstet, das seid ihr. Eure Schule ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie junge Menschen aus vielen Nationen fröhlich und friedlich zusammenleben können. 

Vielen Dank!

Interviewed von Siwar Kiwan (Q4)

30.10.2021

Musik ist Leben – unsere neue Schulband stellt sich vor

Vielen Dank, dass ihr Zeit gefunden habt. Wie lange gibt es ...

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Musik ist Leben – unsere neue Schulband stellt sich vor

Vielen Dank, dass ihr Zeit gefunden habt. Wie lange gibt es euch als Band denn schon?

Niklas: Die Mädchen sind schon seit Anfang der siebten da und ich kam erst so ein Dreiviertel Jahr später. Sie haben mich gefragt, weil sie noch einen Gitarrenspieler gebraucht haben.

Wie lange spielt ihr eure Instrumente schon?

Jannis: Ich spiele mein Instrument Schlagzeug schon seit 6 Jahren. Aber ich hab jetzt aufgehört und spiele in der Band weiter. 
Niklas: Ich spiele Gitarre wohl schon seit 4 oder 5 Jahren. Also es spielt sich auf jeden Fall besser, wenn man schon Erfahrung mit Instrumenten hat.

Was spielt ihr so für Songs?

Niklas: Wir spielen relativ neue aber auch ältere Songs. Also zum Beispiel Mercy oder Stay von Rihanna, Hello also so relativ neue Lieder. 

Wie viele seid ihr in der Band?

Niklas: Wir sind sechs Leute also zwei Jungs und vier Mädchen. 

Wann probt ihr immer?

Jannis: Wir proben immer mittwochs um 14:40 Uhr.

Und wie lange probt ihr dann?

Niklas: Also eigentlich geht die Probe bis 15:25, aber oft machen wir auch länger, weil es macht auch sehr viel Spaß mit Herr Hecker. 

Hattet ihr als Band schon Auftritte? 

Niklas: Ja, also wir haben bei der Verleihung von der Auszeichnung „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ gespielt. Und als nächstes werden wir zwei Auftritte auf der Weihnachtsfeier haben. 
Jannis: Genau, also lasst euch überraschen. 

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01.10.2021

Unser Antirassismus-Schulpate Sami Omar im Interview

Vielen Dank, dass Sie bei uns sind. Wollen Sie sich vielleicht erstmal vorstellen?

Mein Name ...

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Unser Antirassismus-Schulpate Sami Omar im Interview

Vielen Dank, dass Sie bei uns sind. Wollen Sie sich vielleicht erstmal vorstellen?

Mein Name ist Sami Omar, ich bin 42 Jahre alt, ich komme aus Köln und ich arbeite über Rassismus und Diskriminierung. Das heißt ich schreibe für verschiedene Magazine über diese Themen und dann laden mich Menschen ein, um darüber zu sprechen. Dann geh ich immer hin und halte einen Vortrag und dann gibt es oft Diskussionsrunden und dann diskutier ich mit den Menschen darüber und manchmal gehe ich auch in Firmen oder in Vereine oder so und die wollen dann darüber nachdenken wie die bei sich Rassismus bekämpfen.

Ab welchem Alter haben sie angefangen, sich gegen Rassismus einzusetzen?

Ich glaube, dass das immer Thema war. Auch als ich klein war schon und, weil ich viele weiße Menschen um mich hatte war mir immer klar, dass Rassismus was ist, was mich immer angeht. Und dann hab ich als Kind glaub ich schon protestiert vielleicht nur in meinem kleinen direkten Umfeld, aber geschimpft hab ich darüber und richtig eingesetzt hab ich mich glaub ich in der Schule, so wie ihr jetzt.

Haben Sie vielleicht selbst auch schonmal Erfahrungen mit Rassismus gemacht oder auch miterlebt?

Ja, beides.

Ich hab gelesen, dass Sie ein Buch geschrieben haben. Wollen Sie vielleicht darüber erzählen, über was Sie dort geschrieben haben?

Ich hab das Buch über eine lange Zeit geschrieben, weil das Buch eine Sammlung von Texten ist, die ich über drei Jahre geschrieben habe für verschiedene Magazine. Und in der Zeit da kamen ganz viele Menschen nach Deutschland, hauptsächlich aus Syrien. Ich arbeite in einer Beratungsstelle für geflüchtete Menschen und deswegen kamen in dieser Zeit ganz viele Menschen bei mir in meine Arbeit und wir haben beraten und vermittelt und Hilfe angeboten und sowas. In der Zeit konnte man sehr viel Rassismus spüren in der Gesellschaft und deswegen habe ich alle Texte zusammengefasst und hab das Buch auf Englisch und auf Deutsch geschrieben. So können das Menschen, die Englisch sprechen auch lesen und dann wurde es noch in Türkisch und Italienisch übersetzt.

Haben Sie Wünsche, was auf dieser Welt passieren soll, aber wo Sie auch wissen, dass Sie es wahrscheinlich nicht schaffen?

Ja, ganz viele. Ich glaube, dass Sachen wie Rassismus, Gewalt und Neid und so, das wird nicht vorbeigehen. So sind die Menschen halt. Aber ich glaube die Gesellschaft hat ganz viele Menschen, die gut sind und die Gutes wollen, aber vielleicht nicht wissen wie. Und ich glaube, wenn wir viel mit diesen Menschen reden, dann können wir die stärken und ich hoffe, dass dann meine Kinder oder meine Enkelkinder irgendwann in einer Gesellschaft leben, in der mehr Menschen leben, die sich einsetzen wollen gegen Schwierigkeiten wie Rassismus zum Beispiel oder Sexismus.

Haben Sie vor, noch ein weiteres Buch zu schreiben?

Ich schreibe gerade an einem Buch über meine Mama. Denn meine Mutter ist gestorben vor zwei Jahren und dann war ich sehr traurig. Und was macht ein Autor, wenn er traurig ist? Er schreibt. Dann hab ich angefangen darüber zu schreiben wie ich Liebe gelernt habe.

Vielen vielen Dank, dass Sie da waren.

Vielen Dank euch.

10.08.2020

Ein Schuljahresbeginn der besonderen Art – Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen des Dreilinden-Gymnasiums im Deutschlandfunk. Der Schuljahresbeginn stellt in Corona-Zeiten eine besondere ...

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Ein Schuljahresbeginn der besonderen Art – Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen des Dreilinden-Gymnasiums im Deutschlandfunk. Der Schuljahresbeginn stellt in Corona-Zeiten eine besondere Situation dar. Auch wenn eigentlich alles wie immer wirkt, gelten doch die Abstandsregeln innerhalb der nun wieder vollbesetzten Klassenräume nicht mehr, müssen Alternativszenarien zum herkömmlichen Unterricht in diesem Schuljahr von Anfang an mitgedacht werden. Über ihre Erfahrungen aus dem letzten Schuljahr und ihre Ziele und Ansprüche in diesen ambivalenten Zeiten berichten Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen im Deutschlandfunk.

Der ganze Beitrag zum Nachhöhren